Das geologische Umfeld
Die Lagerstätte Schneeberg liegt zur Gänze im Bereich des Ötztal-Stubai-Altkristallins. Die Abbaue liegen in einer ganz besonderen Position, nämlich im obersten Bereich des Ötztal-Stubai-Altkristallins, eingelagert zwischen den schneeweißen Dolomiten der Schneeberger und Moarer Weißen und einer bunten Gesteinsabfolge von Granatglimmerschiefern, Marmoren und Amphiboliten des Schneebergerzuges. Die Vererzungen finden sich nicht nur am Schneeberg selbst, sondern in einem relativ schmalen Band, das etwa bei St. Martin am Schneeberg beginnt, dann in nordöstliche Richtung das Lazzachertal quert und bis in das Pflerschtal zieht. Die Sedimente der Schneeberger und Moarer Weißen sowie das weiße Band der Gürtelwand sind Ablagerungsgesteine der mittleren Trias (Wettersteindolomit). Sie wurden somit zur gleichen Zeit gebildet wie entsprechende Gesteine der Dolomiten: vor etwa 230 Mio. Jahren. Die Ablagerungen wurden von kalkabscheidenden Pflanzen und Tieren in einem flachen Meer aufgebaut, und wer sie genauer betrachtet, findet darin sogar noch Reste von Fossilien. An der Basis der Dolomite finden sich die sogenannten Konglomeratgneise. Das sind Gesteine, die den Grödner Schichten (Sandsteine und Konglomerate) entsprechen und vor etwa 290 bis 245 Mio. Jahren (Perm) abgelagert wurden. Durch die alpine Gebirgsbildung gerieten diese Sedimente jedoch so unter Druck und Temperatur, dass sie völlig umgewandelt wurden und heute nur noch von Fachleuten von den Schiefergesteinen des Altkristallins unterschieden werden können.
Die Gesteine des Schneebergerzuges, der die Südgrenze der Vererzungen flankiert, unterscheiden sich deutlich von denen des Altkristallins. Die sogenannte bunte Randsehe des Schneebergerzuges besteht nämlich aus einer Abfolge von gelblichen oder grauen Marmoren, dunkelgrünen Amphiboliten, bräunlich-schwarzen, leichtverwitternden Hornblendeschiefern, gelblich-weißen, sehr harten Quarziten und silbrigglänzenden Glimmerschiefern mit cm-großen gutausgebildeten Granaten. Diese Abfolge lässt sich im Gelände leicht verfolgen und auch im Karlstollen bei ca. 830 m (vom Mundloch auf Passeirer Seite) wiederfinden. Nach Süden hin geht dieser auffällige, etwa 10 bis 100 m breite Gesteinsverband, in graue feinschiefrige Granatglimmerschiefer über, die nicht umsonst als monotone Serie des zentralen Schneebergerzuges bezeichnet werden. Während wir das Alter der Sedimentgesteine recht gut kennen, wissen wir über das Alter des Schneebergerzuges kaum etwas, haben doch verschiedene Gebirgsbildungsphasen die Gesteine vollig umgewandelt und damit nahezu alle Hinweise gelöscht. Sicher ist, dass er um vieles älter ist, als die permotriassischen Sedimente.
Das Ötztal-Stubai-Altkristallin besteht hier aus einer eintönigen Abfolge von Glimmerschiefern und Paragneisen, die Einschaltungen von Orthogneisen und Amphiboliten enthält. Diese Einschaltungen sind als saure und basische magmatische Gesteine anzusehen, die zusammen mit den tonig-sandigen Sedimentgesteinen, welche das Ausgangsmaterial der Glimmerschiefer und Paragneise darstellen, umgewandelt (metamorph) und zu dem mächtigen Kristallinblock des Ötztal-Stubai-Altkristallins zusammengeschweißt worden. Das Alter der Gesteine kennen wir nicht, doch müssen wir ein Alter der sedimentären Ausgangsgesteine von über 500 Mio. Jahren annehmen. Zwei Gebirgsbildungen (Metamorphosen) haben die Gesteine intensiv geprägt: die variskische Gebirgsbildung vor ca. 300 bis 360 Mio. Jahren und die alpidische vor ca. 50 bis 100 Mio. Jahren. Eine unvorstellbar lange Zeit, in der ein Gebirge aufgetürmt und wieder abgetragen worden ist, Meeresbecken und Ozeane an seiner Stelle entstanden und erneut ein Gebirge aufgefaltet wurde, das heute noch in die Höhe wächst - die Alpen. Die heutige komplexe Geometrie dieses Bereichs, das Nebeneinander von jungen Meeresablagerungen (Schneeberger Weiße) und uralten Gesteinen des Altkristallins und des Schneebergerzuges auf engstem Raum, zwischen denen hunderte von Millionen Jahren und ganze Ozeane lagen, lassen erahnen, wie schwierig es ist, die Entstehung der Gesteine und damit der Schneeberger Erze zu entschlüsseln.