Kaiserin Sissi will zum Schneeberg

Im Zuge der wettlaufartigen Alpenerschließung im ausgehenden 19. Jahrhundert kam die Sektion Hannover des Deutschen und Österreichischen Alpenvereines (DuÖAV) auf die Idee, eine der höchsten Schutzhütten der Ostalpen auf dem Bechergipfel (3195 m) im hintersten Ridnaun zu errichten und ihr den Namen “Kaiserin-Elisabeth-Schutzhaus” zu geben. 1892 begann die Planung, 1894 wurde der Bau pünktlich am Geburtstag des Kaisers Franz Josef (18. August) festlich seiner Bestimmung übergeben.

Auf ihren fluchtartigen Reisen kam die rastlose Kaiserin öfters nach Tirol, mehrere Male war sie in Meran zu Gast. Im August 1898 hielt sich “Sissi” im Hotel Karersee auf und äußerte den Wunsch, dem nach ihr benannten Schutzhaus einen Besuch abzustatten. Bei einem Treffen mit dem Vorstand der Sektion Hannover, Dr. Carl Arnold, wurde der Besuch genau besprochen und auf die letzte Septemberwoche festgelegt. Noch im August liefen im Ridnaun und im Passeier die Vorbereitungsarbeiten an. Von Maiern aus sollte die Kaiserin mit der Übertageförderanlage zum Schneeberg gebracht werden. Über die Wassertonnenaufzuge und Flachstrecken, nüchtern betrachtet, als Gegengewicht zum Erz, das in die Aufbereitung nach Maiern heruntergebremst wurde. (Wobei ihr Gewicht von 48 kg sicherlich nicht von wesentlichem wirtschaftlichen Nutzen gewesen wäre.) Vom Schneeberg aus machten 50 von ihrer Arbeit abkommandierte Knappen den Weg über die Karlscharte zur Schwarzwandscharte reitbar. Von dort sollte die Kaiserin auf einem Schlitten bequem über den Übeltalferner zum Fuße des Bechergipfels gezogen werden. Den letzten Aufstieg zum Schutzhaus hätte die Hohheit eigenen Fußes zurückgelegt.

Anfang September meldete Dr. Arnold den Abschluss der Vorbereitungen nach Genf. Anstelle einer Antwort ging am 10. September 1898 die Nachricht um die Welt, dass der Anarchist Luigi Lucheni die Kaiserin auf offener Straße mit einer zugespitzten Feile ermordet habe.

Mit 17 Jahren heiratete die lebenslustige Elisabeth von Bayern den Kaiser Franz Joseph (1830-1916) in Wien 1854. Verschreckt durch die strenge Hofetikette und Gefühlskälte am Wiener Hof flüchtete sich die Kaiserin schon nach wenigen Jahren seelisch und körperlich in ihr eigene Welten.